LOSLASSEN LERNEN: EINE GEBRAUCHSANLEITUNG


LET IT GO, LET IT GO, CAN’T HOLD IT BACK ANYMORE.  Elsa, Frozen



0 "DU MUSST DAS EINFACH LOSLASSEN!"

Sometimes the weight you need to lose isn't on your body! 

 

Achtung – dieser Artikel beinhaltet Spoiler zu Herr der Ringe und Harry Potter. Ach ja – und der Eiskönigin ;-)

 

Oh Mann – wo fange ich an? Vielleicht bei einem Top Ratschlag, den sicher jeder schon mal in irgendeiner Form bekommen hat: „Du musst das einfach los lassen!“ Witzig - wenn das bloß so einfach wäre! Loslassen ist verdammt verdammt hart und anstrengend und irgendwie so sauschwer, dass man manchmal gar nicht weiß, wie man es angehen soll.

Oft muss man auch erst checken, dass es etwas gibt, das man besser loslassen sollte. Bei einigen Dingen ist es vollkommen klar: wenn man z.B. (Sorry – SPOILER!) an einem Abgrund hängt mit einer Hand – so wie Frodo am Ende von Herr der Ringe– dann wäre Loslassen eine äußerst beschissene Idee. Genauso ist es oft mit sehr schweren Gegenständen, die man einfach nicht mehr halten kann. Da MUSS man manchmal einfach loslassen. Z.B. wie ich, wenn ich wieder denke „Ich muss dafür nicht 2x gehen!“ Hier ist Loslassen häufig eng verknüpft mit Kehren, Wischen oder Aufheben. Aber wenn man z.B. Gedanken loslassen soll, Vorstellungen, Ideen oder Gefühle – da wird es mit der Klarheit schon wieder ganz anders. 

Am besten arbeiten wir zur Orientierung die guten, alten W-Fragen ab: Was sollte man eigentlich loslassen? Und warum? Und wie geht das und was passiert dabei? Und wann fängt man überhaupt damit an?


1 WAS SOLLTEST DU LOSLASSEN?

Wenn du fliegen willst, musst du das loslassen, was dich runter zieht. 

 

Loslassen solltest du am besten alles, was dich runterzieht oder aufhält.

Im Englischen nennt man das „emotional baggage“, also emotionales Gepäck. Jeder trägt ab einem gewissen Zeitpunkt im Leben mehr oder weniger schweres Gepäck, die sogenannten Altlasten, mit sich. Die Frage ist – wie viele Koffer, wie viele Kilos, wie gut kommst du im Leben damit voran? Hast du vielleicht nur ein paar leichtere Rollkoffer oder vielleicht schon eine ganze Gepäckkolonne? Hilft dir jemand tragen oder ziehst du das alles schon seit langer Zeit aufwändig alleine hinter dir her? Welche Gepäckstücke sind GAR NICHT DEINE? Vielleicht ist es an der Zeit mal auszumisten und einige Koffer und Päckchen an die ursprünglichen Besitzer zurück zu geben.  Ach ja, eine kleine Warnung vorweg: die meisten wollen ihre eigenen Pakete nicht zurück und die wenigsten sind bereit, sie wieder von dir anzunehmen. Wer hätte DAS gedacht?!

 

Und es ist so eine Sache mit dem emotionalen Gepäck – in der Regel sieht man es nicht oder zumindest nicht auf den ersten Blick. Wenn du deinen Blick schulst und du dir Menschen genauer anschaust, wirst du erkennen, wie viele Menschen schwere Koffer voller alter Gefühle mit sich herumtragen. Bei sehr übergewichtigen Menschen sieht man direkt, dass sie viele unnötige Kilos mit sich durchs Leben schleppen. Bei anderen sieht man an den herunterhängenden Schultern und dem gebeugten Gang, dass ein schweres Gewicht sie zu Boden zieht. Andere tragen das Gepäck vielleicht in einer dicken, dunklen Wolke über ihrem Kopf mit sich herum, anderen stehen ihre Altlasten buchstäblich ins Gesicht geschrieben, denn ihre Haut spricht Bände, z.B. in Form von massiven Unreinheiten oder Ausschlägen. Die Stimme verrät auch unheimlich viel über den emotionalen Zustand einer Person, denn Lautstärke, Sprechtempo oder auch die Intonation sind klare Erkennungsmerkmale, ob jemand z.B. selbstbewusst oder sehr schüchtern oder gar zutiefst verunsichert und traurig oder einfach komplett überdreht ist. Wie oft denke ich bei jemanden, wenn ich ihn bloß sprechen höre: „WOAH – too much!“ oder „Was ist da denn los?“. Deine Stimme ist deine unsichtbare Visitenkarte und kann sehr viel Information über dich und deine Gefühle oder auch dein Gepäck transportieren. Unsicherheit und Ängste erkennt man auch oft an merkwürdigen Dauerlachern hinter jedem Satz oder einer ganz schrillen Tonlage. Verzweiflung lässt Menschen oft sehr lauft werden. Wenn Argumente nicht reichen oder sie sich nicht gehört fühlen, muss es halt die Lautstärke regeln.

 

 

Emotionales Gepäck schlägt sich auch oft in Krankheiten nieder, insbesondere Beschwerden, die bereits auf chronischer Ebene ablaufen, sind oft Anzeichen für lange verdrängte Gefühle, die du vielleicht loslassen solltest. Natürlich kann auch ein medizinischer Defekt für viele dieser Dinge verantwortlich sein, aber ich bin inzwischen davon überzeugt, dass der Körper sehr eng im Zusammenspiel mit der Seele steht und dass man viele Dinge mit der Heilung von inneren Konflikten in den Griff bekommen oder sogar ganz los werden kann.


2 WAS KANNST DU ALLES LOSLASSEN?

You can't reach for anything new if your hands are still full of yesterday's junk!

 

Das ist sehr vielfältig. Loslassen kann man eigentlich alles von tatsächlichen Gegenständen, Besitztümern, Menschen, Haustieren, Orten, Ideen, Vorstellungen, Ängsten, Glaubenssätzen, Idealen, Vorgaben, Zwängen, Erinnerungen und so weiter.

Du siehst, dass dich zwar sehr viel beschweren kann, du aber auch die Möglichkeit hast, diese Dinge loszulassen. Ich sage dir aber direkt - Loslassen und sich von emotionalem Gepäck zu befreien, ist ein lebenslanger Prozess. Da brauchst du auch keinen falschen Ehrgeiz entwickeln und dir vornehmen - bis dann und dann ist mein emotionaler Gepäckwagen leer. Keine Sorge - es findet sich immer irgendwas, woran du wachsen oder was du lernen kannst. Irgendeine Kiste übersieht man immer. Es ist einfach total wichtig, zu akzeptieren, DASS man Dinge hat, die man mit sich rumschleppt und manches wirst du ggf. niemals ganz los werden. Dann ist das so. Aber ist gut, seine Pakete zu kennen. 

 

Du kannst z.B. die Wut über eine bestimmte Sache loslassen, wie ich z.B. über die Wut, meine Krankenkassenabrechnung zu machen, denn das hat es mir sehr erschwert und ich musste es ja trotzdem machen. Oder du kannst alte Vorstellungen, wie Dinge zu sein haben, loslassen. Oder schlechte Gedanken über dich. Das ist nicht ohne, sich darauf einzulassen, dass man 1. gewisse Dinge tatsächlich über sich denkt und diese dann im 2. Schritt loszulassen und sie dann 3. mit neuem, positivem Input zu ersetzen. Oder du kannst deinen Widerwillen, morgens früh aufzustehen, loslassen. Oder den Gedanken, dass du an einer bestimmten Sache Schuld bist. Oder ein Idealbild von etwas. Oder deine Bude ausmisten. Oder die Trauer über einen verstorbenen, geliebten Menschen. Einen Job, eine Beziehung, eine schlechte Angewohnheit. Ich habe z.B. kürzlich daran gearbeitet, meine verkrampfte Vorstellung von Geld aufzugeben.

 

Und man kann auch nicht alles mit einem Ratgeber oder ein paar schlauen Worten auf einer Internetseite loslassen. Handelt es sich um richtig schlimme, tiefsitzende Traumata (z.B. bei sexuellem Missbrauch, schlimmen Gewalterlebnissen oder Ähnlichem), dann sollte Loslassen IMMER in kontrolliertem Umfeld und mit entsprechender Betreuung von Fachpersonal begleitet werden. Das ist ein machtvoller Prozess!


Let me help you with that!


3 DIE Visualisierung deines emotionalen Gepäcks:

Letting go is painful, but being free is beautiful. 

 

 

Stell dir vor, du bist am Flughafen und willst auf eine große Reise aufbrechen. Du kennst das, wie lästig das ist mit dem ganzen Gepäck. Jetzt überleg dir mal, was dein Ziel sein soll. WO möchtest du hin reisen? Vielleicht wünschst du dir endlich eine funktionale Beziehung oder möchtest eine gute Mutter sein. Oder du bist im Job unzufrieden oder in deiner Wohnung. Und was hast du alles dabei? Reist du mit leichtem Handgepäck oder hast du einen, zwei, mehrere Gepäckwagen? Wie schnell schaffst du es vom Gate zum Flugzeug? Wie anstrengend ist das?

Es gibt den Spruch MY GOAL IS A LIFE I DON’T NEED A VACATION FROM. Ich fahre jedenfalls mit wenig Gepäck in den Urlaub, alles andere ist mir viel zu umständlich. Ein Leben, das mich nicht in einem solchen Maße stresst, dass ich regelmäßig Urlaub brauche, MUSS also im Umkehrschluss ein Leben ohne großes Gepäck sein.

 

Vielleicht solltest du dir mal genau anschauen, was in deinen diversen Gepäckstücken so drin steckt, die du mit dir rumschleppst. Vielleicht ist ja ein Koffer voller Wut auf einen alten Lehrer dabei oder eine Truhe voller Neid auf eine alte Klassenkameradin. Oder vielleicht hast du ja noch eine echt schwere Handtasche voller Kränkung von deiner letzten Beziehung. Oder was ist mit dem Rollkoffer voller Geschwisterkonkurrenz? Oder mit diesem sauschweren Rucksack gefüllt mit Versagensängsten? Ach ja – da ist ja noch eine Umzugsbox voller gesellschaftlicher Erwartungen und von dem, wie du immer dachtest, dass dein Leben mit 30 aussehen muss. Und vergiss nicht dieses hässliche Teil mit dem kaputten Reißverschluss, das fast überquillt vor Ärger auf deine Mutter, weil sie dich damals einfach nicht ernst genommen hat. Ach herrje – da hinten steht ja noch eine riesige Kiste mit der fast vergessenen Trauer über die ganzen begrabenen Haustiere. Fuck. Und dahinter – ein ganzer Gepäckwagen voller Kindheitstraumata, Ärger im Job, Wut auf Kollegen, Egokränkungen und unverdauten Konflikten und sauschlechtem Sex mit dem Ex. Und fast übersehen: da steht ein großer Karton voll mit den ganzen Erwartungen, die deine Eltern an dich haben. Und was das allerfieseste an emotionalem Gepäck ist: wahrscheinlich trägst du ganz ganz viele Koffer für ANDERE! Wenn du genau hinsiehst, wirst du vielleicht merken, dass andere Menschen ihren Schrott ebenfalls auf deinem Gepäckwagen abgestellt haben und es schön bequem von dir mitziehen lassen! Vielleicht hast du ein paar Koffer von deiner Mutter bekommen: Koffer voller Ängste, eigenen Egoverletzungen, massivem Verantwortungsdruck oder schlechtem Gewissen. Vielleicht hat dein Vater auch gut bei dir abgelassen: eine Kiste voller Ärger auf deine Mutter und auf seine eigene Mutter, ein paar schwere Koffer zum Thema: ich wollte doch eigentlich in meinem Leben was ganz anderes machen und dann kamen die Kinder dazu! Und vielleicht hast du noch ein paar Kisten deiner Geschwister voller Neid oder Missgunst, dass es bei dir an einigen Stellen besser läuft als bei ihnen.

Schön, dann zieh das halt weiter mit dir durch dein Leben – viel Spaß. Schlechte Nachricht: davon bekommst du leider keine Muskeln!

 

An dieser Stelle sollte auch noch erwähnt werden, dass Gepäckstücke durchaus in einer bestimmten Reihenfolge aufeinander gestapelt sein können. Das bedeutet, dass du vielleicht erst die 3 schweren und die 2 kleineren Koffer auspacken und aus dem Weg räumen musst, bevor du ganz unten an die große, dicke Truhe drankommst. Nehmen wir mal an, in dieser Truhe steckt das drin, vor dem du dich am allermeisten fürchtest und das du dir aus gutem Grund bisher nie ansehen wolltest. Du hast die unheimliche Truhe ganz weit weggeräumt und hast dann mit der Zeit immer weiter alles vollgestellt. Das ist wie mit Krankheiten und Befindlichkeitsstörungen – oft gibt es eine Ursprungsbeschwerde, die dann mit der Zeit von immer mehr Dingen überlagert wird. Vielleicht hat es mal irgendwann mit Magenschmerzen angefangen, die sind nicht weggegangen und dann kam irgendwann noch der Hautausschlag dazu und so weiter. Manchmal muss man „Symptom“ für Symptom abarbeiten, um an den Ursprung zu kommen. Stell dir vor, das, was dich wirklich aufhält, hast du tief vergraben – es ist logisch, dass du mit dem Spaten erst die ganze Erde rausschaufeln musst, um wieder dran zu kommen.


4 WARUM SOLLTEST DU LOSLASSEN?

Wer loslässt hat beide Hände frei!

 

Ich habe ja bereits ein paar Dinge beschrieben, was Altes, das man festhält, mit dir machen kann. Alles, was du festhältst, beschwert dich auch. Manche Altlasten haben es sich schon so bequem in deinem System gemacht, dass sie dich vielleicht schon seit vielen Jahren in irgendeiner Form chronisch quälen, z.B. durch Magenschmerzen oder Migräneattacken. Vielleicht fühlt sich dein Tag schon gar nicht mehr komplett an, wenn du nicht um 3 nach deinem Kaffee Bauchschmerzen bekommst. Oder vielleicht wäre es viel zu komisch, wenn du auf einmal die Nächte wieder durchschläfst oder mal ohne Heiserkeit und Schnupfen durch den Winter kommst.

Vielleicht merkst du auch, dass es Dinge gibt, die dir so unfassbar schwer fallen, dass du sie einfach nicht hinbekommst – z.B. die Steuer machen oder auf vor anderen Menschen einen Vortrag halten. Oder du heulst immer noch irgendeiner Exbeziehung nach. Und jedes Mal, wenn du einen Typen mit braunen kurzen Haaren und einem FC Trikot siehst, könntest du deinem Ex immer noch nachträglich ein paar reinhauen. Was ist mit deinem total überfüllten Kleiderschrank, den du schon seit Jahren mal ausräumen wolltest? Und wie sehr bremst dich dein tiefer, nicht erfüllter Kinderwunsch auf Tinderdates aus und du würdest dir am liebsten von jedem erstbesten Typen ein Baby machen lassen? Vielleicht hast du immer noch ein Trauma von deinem toten Kaninchen von vor 10 Jahren. Und außerdem war der Soundso damals wirklich gemein zu dir. Und diese ätzende Englischlehrerin, die dich damals so auf dem Kicker hatte. Und diese innere Lebensliste, was du dringend noch alles erreichen musst, was ist eigentlich damit? Es gibt so so viel, womit wir uns selber ausbremsen oder was uns einfach abhält, unser wirkliches Potenzial zu entfalten.

Jetzt stell dir einfach vor, du sitzt in einem Heißluftballon und möchtest losfliegen. Um dich in die Lüfte erheben zu können, musst du Ballast abwerfen, sonst kannst du nicht aufsteigen. Genauso ist es mit deinem emotionalen Gepäck. Solange du es festhältst, kannst du nicht befreit und in deinem Tempo wie ein Känguru nach vorne hüpfen, denn dein Beutel ist voll mit zentnerschweren Koffern. Du wirst zurückgehalten.

 

Oft ist man allerdings auch froh, dass man nicht schnell oder vielleicht auch gar nicht vorankommt. Dieser alte Ballast ist ja auch eine gigantisch gute Ausrede dafür, nichts zu verändern, denn Veränderung ist soooooo anstrengend: „Ich kann aber nicht, weil …“ Hier kannst du diverseste Enden benutzen: weil ich so viel zu tun habe. / weil ich immer so Kopfschmerzen habe. / weil ich das nicht gut kann. Blablabla. Du siehst also – Gepäck ist auch gleichzeitig etwas Bequemes. Es drosselt dein Tempo und außerdem kann man sich manchmal auch super auf den großen Koffern ausruhen. Und wer will schon in einem Heißluftballon fliegen, oder?


#WARUM erst jetzt?

You will find that it's necessary to let things go simply for the reason that they are heavy!

 

 

Warum du manches erst JETZT loslässt? Naja, vielleicht konntest du es vorher einfach noch nicht. Jedes Gepäckstück hat auch seine Zeit und du musst bedenken, dass es ja einen Grund hat oder hatte, dass diese Sache bisher weggepackt war. Oft sind es wirklich unglaublich alte Gepäckstücke aus der Kindheit, die damals nicht zu verarbeiten waren, weil dir als Kind die Strategien und die Möglichkeiten dazu gefehlt haben. Wir packen Dinge in der Regel ja nicht aus Spaß sehr weit weg. Als Kind mussten wir uns vor vielen Gefühlen schützen, insbesondere, wenn wir keine Erwachsenen um uns hatten, die uns einen konstruktiven Umgang mit emotionaler Überforderung oder Problemen gezeigt haben. Schlechte Gefühle wegpacken war daher eine wichtige Überlebensstrategie. Oft übernehmen wir diese Strategien dann aber bis ins Erwachsenenalter und – wenn wir unterwegs nicht dazu lernen, wie man es besser macht – werden wir immer weiter unsere Gepäckwagen bepacken und am Ende grantige, griesgrämige, gefrustete alte Leute sein, die andere immer nur anmeckern, in der Bahn Jugendliche anpöbeln, sagen „Früher war alles besser!“ und  die so fiese zerfurchte Mundwinkel haben und im Altersheim keinen Besuch bekommen. Vielleicht brauchtest du den Schmerz oder das Gepäck auch noch für dein inneres Gleichgewicht. Man kann auch nicht alles auf einmal los werden. 

Trotzdem ist es wichtig, dass du jetzt nicht zu streng mit dir bist und erkennst, dass deine Verarbeitungsstrategien nicht mehr angemessen sind und dass du anfangen solltest, deine Gepäckstücke zu verringern und zu lernen, wie keine neuen dazu kommen.  


#IST OPTIONAL

Whatever you are not changing, you are choosing. Vielleicht brauchst du deinen Schmerz ja noch!

 

Aber – man MUSS auch nichts loslassen. Das ist Gott sei Dank das Schöne an persönlicher Freiheit. Du DARFST dich auch weiter mit all deinem Gepäck und deinen Lasten durchs Leben quälen – also kein Stress! Außerdem kann man dann viel viel besser Jammern – denn das ist schließlich eine weit verbreitete Volkskrankheit in Deutschland, dem „ Bewahrerland“. Hier bleibt alles schön beim Alten – denn da weiß man ja wenigstens, WAS man hat. Man kann sich an seine Koffer ja auch ganz schön gewöhnen. Und vielleicht hat man ja sogar ein paar richtig schicke Markenkoffer. Die kann man dann schön provokativ vor sich herschieben und allen anderen deutlich zeigen und auch regelmäßig mitteilen, dass man SEHR VIEL Gepäck hat und gewisse Dinge ganz bestimmt niemals anfangen oder angehen kann. „Ich habe aber … !“. Auch hier kannst du variabel einsetzen, von „Rücken / Migräne / Höhenangst / Flugangst / Angst vor … / sooooo viel Stress. Wieder ziemliches Blabla. Es gibt Menschen, die Krankheiten sehr offensichtlich vor sich herschieben wie einen großen, schweren Koffer und damit ihr ganzes Umfeld massiv auf Trab halten, denn diesen Koffer KÖNNEN sie ja gar nicht und in keinem Fall jemals alleine bewältigen, so dass sehr viele Menschen immer eingespannt sind und am besten noch ein schlechtes Gewissen gemacht bekommen, wenn sie sich mal um ihre eigenen Gepäckstücke kümmern wollen.

Manchmal kommt man natürlich nicht alleine voran und ich möchte an dieser Stelle Menschen, die wirklich große Schwierigkeiten haben und alles probieren, um gesund zu werden, in keinem Fall angreifen. Aber ich habe schon oft genug Menschen erlebt, die ihre „Diagnosen“ auch fast schon genussvoll füllen, so dass sie die sicherste aller Ausreden haben, warum sie vieles in gar keinem Fall loslassen können. Ist ja auch nicht einfach, dieses Loslassen. Insofern – die einzig wahre Antwort auf die Frage, WARUM man loslassen sollte ist: WEIL MAN ES WILL!


5 WAS PASSIERT BEIM LOSLASSEN?

Make peace with your broken pieces.

Eiskönigin Elsa darf ihre Fähigkeit - alles zu Eis erstarren zu lassen - ganz lange nicht ausleben und muss sie verstecken und bekommt selbst von ihren Eltern eingetrichtert, dass das etwas Schlechtes sei. Als sie sich endlich frei macht, ist sie glücklich. Im Deutschen singt sie: ICH LASS LOS, ENDLICH LOS.  Aber sie ist erst mal alleine, denn ihre Kräfte sind vollkommen unkontrolliert und sie will niemanden verletzten und bevorzugt deshalb die Isolation. Erst, nachdem sie ihre Macht liebevoll betrachtet und lernt, sie zu kontrollieren, kann sie sich integrieren. Märchen hin oder her – aber genau DAS passiert oft beim Loslassen. Es erwischt einen mit voller Wucht und macht Angst und dann schaut man sich alles näher an und lernt, damit umzugehen und es liebend als Teil von sich selbst anzuerkennen.

 

 

Loslassen ist also auch immer ganz eng verbunden mit Akzeptanz. Manche Dinge wirst du unter Umständen auch nicht "einfach mal so" loslassen können, da geht es darum, dass du die Vorstellung, die du damit verknüpft, hinter dir lässt und Dinge so akzeptierst und annimmst, wie sie sind. Guck dir mal "Soulsurfer" an, den Film über Surferin Bethany Hamilton. Ihr wird beim Surfen leider von einem Hai ein Arm abgebissen. Ihr Weg ist es, zu akzeptieren, dass sie nun nur noch einen Arm hat und ihren Frust, dass sie NIE wieder 2 Arme haben wird, loszulassen. Als sie das geschafft hat, ist sie auch nicht mehr blockiert und kann endlich - auch mit einem Arm - zu ihrem vollen Potenzial finden.


#WIE EINE WUNDERTÜTE

Wenn das Vergangene schmerzt, sollte man das Geschehene als Sturm ansehen un wissen, dass danach der Regenbogen folgt. 

 

Ein weiteres Feature des Loslassens ist, dass es manchmal wie eine Wundertüte funktioniert. Man kann Gefühle – insbesondere so lange verdrängte – nicht wie ein gezähmtes Zirkuspony kontrollieren. Du kannst leider nicht entscheiden: so, ich lasse jetzt dieses eine unangenehme Gefühl los. Gefühle sind oft eng verknüpft miteinander. Wenn du dir das noch etwas genauer visualisieren willst, schau dir mal den animierten Film ALLES STEHT KOPF an: da haben die Grundemotionen Wut, Ekel, Freude, Neid und Trauer eine gemeinsame Schaltzentrale im Gehirn und beeinflussen sich gegenseitig, was das Zeug hält. So funktioniert es in unserem System – da kommt nichts alleine. Daher mach dich bereit: wenn du einen alten Koffer öffnest, kann da viel drin stecken. Das ist vielleicht wie bei einer Kofferauktion am Flughafen. Du bietest auf irgendeinen vergessenen Koffer und du weißt vorher nicht, was drin ist. Vielleicht hast du Glück und neben vielen getragenen Unterhosen findest du einen neuen Laptop und Goldbarren – vielleicht erwischt du den Koffer von irgendeinem durchgeknallten Pärchen mit Vorlieben für Kuscheltiere und BDSM –je nach Mensch kann das alles eine große Freude oder ein großer Schock sein ;-)


#EIN PROZESS, der DINGE AUS DER BALANCE bringt

Growth is uncomfortable because you've never been here before. You have never been this version of you.

 

Wie du siehst, stellt uns das Loslassen oft vor ganz besondere Herausforderungen, denn alte Gefühle bzw. alte, große Gepäckstücke geben uns ja auch Halt. Das, was uns vertraut ist, stützt uns auch – auch, wenn es nicht unbedingt etwas Gutes ist, aber das ist ja ebenfalls Ansichtssache.  Wenn viele andere Dinge um dich herum anstrengend sind oder nicht optimal laufen, dann zieht sich jeder am liebsten in seine Komfortzone zurück und das ist nun mal der Bereich, den man kennt. Vielleicht bestehen deine Heimatklänge aus Dingen, die du eigentlich besser loslassen solltest, aber die dir das Gefühl von Komfort, von „Das kenne ich, das kann ich aushalten“ geben. Deswegen landen ja so viele Menschen später in genau DEN Situationen, unter denen sie als Kinder immer gelitten haben. Was man kennt, das macht meistens nicht so viel Angst, wie das Neue.

Und du solltest nicht unterschätzen, wie viel Ungleichgewicht entstehen kann, wenn auf deinem Gepäckwagen plötzlich ein riesiger alter, schwerer Koffer fehlt. Du musst den Rest unter Umständen komplett neu anordnen und eventuell weißt du erst mal nicht, wie du den Wagen jetzt mit einem neuen Gewicht ziehen oder schieben sollst. Stell dir vor, du hattest bisher immer zwei große Rollkoffer – einen links und einen rechts. Du hast dich richtig gut an diese Gewichtsverteilung gewöhnt und wusstest genau, wie du mit diesen 2 dir sehr bekannten Rollkoffern durchs Leben manövrierst. Und auf einmal ist einer dieser Koffer weg oder viel kleiner oder leichter. Da wirst du aber erst mal ganz schön ins Ungleichgewicht kommen. Du siehst also, dass alte Gepäckstücke eine wichtige Funktion für dich haben können und eventuell wirst du erst merken, wenn sie weg sind, dass sie dich an einigen Stellen vielleicht auch gestützt haben und ein gewisses Gleichgewicht in deine Reise gebracht haben.

 

Das ist so wie mit dem Rauchen – wenn man aufhört zu rauchen, merkt man vielleicht, dass man dann plötzlich an vielen Momenten am Tag nichts mehr zu tun hat und dass die Zigarette zwischen den Fingern Halt gegeben hat und man jetzt gar nichts mehr mit den Händen anzufangen weiß. Man stellt sich ja nicht einfach 5 Minuten vor die Tür und macht nichts und plötzlich muss man viel mehr arbeiten. Oder man macht eine Fastenkur und füllt viele Momente des Tages nicht mehr mit essen, weil man eben fastet. Was tut man nun also mit dieser frei gewordenen Zeit? Ja, Mist. Ganz schön blöd.

Genauso ist es mit dem Loslassen von emotionalem Gepäck. Man weiß vielleicht gar nichts mit neuem Raum und Platz anzufangen. Und dann hat man ja auch eine Ausrede weniger, denn nun könnte man ja theoretisch diese eine, neue Sache in Angriff nehmen. Aber das ist halt neu und man weiß nicht, was da auf einen zukommt – also vielleicht doch besser den Koffer wieder an die alte Stelle rücken…?! Du siehst also – vieles hat für dich eine ganz bestimmte Funktion, die wahrscheinlich auch irgendwann mal sehr wichtig für dich und dein Überleben war.

Manchmal kannst du auch erst loslassen, wenn du etwas Neues hast, was den alten Platz füllen kann. Deswegen trennen sich viele erst von ihrem Partner, wenn bereits ein neuer den Platz einnehmen kann, denn alleine sein oder diesen ganzen neuen Platz zu haben, ist für die meisten gar nicht auszuhalten.

Ein anderer Grund für das bisherige Nicht-Loslassen ist bei den meisten auch ganz einfach Bequemlichkeit. Wer kennt sie nicht, die guten alten Ausreden? „Ich weiß, ich müsste da mal ran, aber ich habe einfach keine Zeit.“ Klassiker. Letzten Endes ist das gute alte Gepäck ja eine vertraute Angelegenheit und den Arsch zu bewegen und alles wegzuräumen, das kann eigentlich auch noch was warten. Schließlich ist das Sofa so einladend und die neue Netflixserie ist bestimmt sauspannend.

Insofern – du hast vielleicht noch nicht losgelassen, weil deine Prioritäten wo anders liegen. So simpel ist das.


6 WIE LÄSST MAN RICHTIG LOS?

Schmerz geht - Stolz bleibt!

 

Es gibt keine ultimative Gebrauchsanweisung, wie man richtig loslässt. Menschen sind hochgradig komplex und Gefühle, die Seele oder auch das, was wir genetisch in uns tragen  - das ist alles so facettenreich, dass man vieles nicht vorhersehen kann. Ich kann lediglich versuchen, dich mit dem, was ich schreibe, etwas vorzubereiten. Aber das allerwichtigste ist: Tu es mit ganz viel Würde!

Es geht niemals um Nachtreten oder darum, andere runterzumachen. Natürlich darf man seine Gefühle äußern, aber es ist niemals okay, unter die Gürtellinie zu gehen, andere bewusst zu verletzen - egal ob verbal oder körperlich - oder sie wortlos auszuschließen. Konstruktive Gespräche sind hier meistens sinnvoll. Und du weißt doch - auch mit Steinen, die man dir in den Weg legt, kannst du geile Dinge bauen. Wie wäre es mit einer würdevollen und grandiosen Entwicklung als ultimative Rache? Abreagieren kannst du dich ja auch z.B. mit einer guten ABFUCK Playlist oder indem du dir einfach mal klar machst, was du von Arschlöchern alles lernen kannst!

 

Bevor du dich entschließt, einen vielleicht vorher sehr nahen Menschen loszulassen, solltest du wenn möglich ohnehin immer klären, was dahinter steckt. Ganz oft hat man einfach noch nicht den richtigen Weg zu einer offenen und authentischen Kommunikation gefunden und in meiner Erfahrung können ehrliche Worte zum richtigen Zeitpunkt so manches Unheil verhindern. Man sollte anderen auch die Möglichkeit geben, zu reagieren. Wenn du dich z.B. regelmäßig über jemanden und sein Verhalten dir gegenüber sehr aufregst, solltest du dich fragen, ob er wirklich einfach ein Arsch ist oder ob er einfach bisher nie die Möglichkeit hatte, zu verstehen, wie es dir geht. Oft kommuniziert man selber nämlich vollkommen schlecht und lässt andere gar nicht an der eigenen Gedanken- und Empfindungswelt teilhaben, so dass man ihnen gar keine Möglichkeit gibt, adäquat mit einer Verhaltensänderung zu reagieren.

Aber insbesondere, wenn du Menschen loslässt, die dir vorher "nahe" standen, ist es nett, wenn du es ihnen zumindest einmal verständlich und sachlich mitteilst. Außer, es handelt sich um etwas entferntere Bekanntschaften, das kann man manchmal ja auch entspannt „ausschleichen“ lassen. Aber lass niemanden verzweifelt am ausgestreckten Arm verhungern. Das ist gemein und unmenschlich. Außer, er war einfach ein blöder Arsch, da musst du auch eigentlich gar nichts mehr sagen. 

Es ist dein gutes Recht, Dinge und Menschen hinter dir zu lassen – aber sei DU kein Arsch, sondern bleibe fair und ehrlich und erkläre dich, vor allem, wenn darum gebeten wird. Du bist auch nicht Jedem Rechenschaft schuldig, aber ich denke, du weißt schon, bei wem das angebracht wäre. Wenn ein anderer es nicht verstehen WILL, dann ist das eine andere Sache. Hast du es bereits klar und deutlich erklärt, dann liegt es nun am anderen zu akzeptieren, was du entschieden hast. Manchmal ist es wichtig, miteinander einige Dinge zu besprechen, damit beide ihren Frieden finden können, aber das ist auch nicht immer der Fall. Manchmal kann man dem anderen nur sein Recht zugestehen, etwas für sich selber zu verarbeiten oder eben in einen großen Koffer zu packen. Es hat auch etwas mit Respekt zu tun, anderen ihre eigene Art der Verarbeitung zuzugestehen.


#innen & außen

Kurz nach hinten sehen, loslassen, und dann nach vorne leben!

 

Loslassen läuft in jedem Fall auf vielen verschiedenen Ebenen ab und geschieht im Innen und / oder im Außen. Manche Menschen gehen erst einen mehr oder weniger krassen Schritt im Außen, wie sie verändern z.B. ihre allgemeine Situation (Wohnort, Beruf). Manche Menschen ändern sogar ihr Geschlecht oder vielleicht auch nur ihre Frisur oder ihren Beziehungsstatus. Manchmal ist ein solcher Schritt genau DAS, was dann eine innere Veränderung anstößt. Vielleicht ist eine innere Veränderung auch schon voraus gegangen.

Man kann auch massiv im Außen aufräumen, z.B.  indem man seine Sachen sortiert, ausräumt oder wegwirft - frag mal Marie Kondo!

Oft hängen Gefühle bei uns ja tatsächlich an Orten oder Gegenständen. Dann bringt ein Loslassen hier oft schon die entsprechenden Gefühle im Innen zum Vorschein. Messies z.B. halten an sehr sehr vielen alten Dingen fest. Es ist auch kein Zufall, dass Menschen, die in ihren Wohnungen und Häusern alles vollgeräumt und zugestellt haben, oftmals auf verschiedenen Ebenen nicht gut loslassen können. In der Yogatheorie nennt man das „Anhaftung“. Woran haftest du an? Denk an Lord Voldemort und die Heiligtümer des Todes (SPOILER!). Er hat seine Seele auf 7 Gegenstände verteilt und als sie alle zerstört sind, stirbt er. Wo fühlt es sich bei dir an wie ein kleiner oder großer Tod, wenn du dir vorstellst, es loszulassen?

 

Man kann auch im Innen ansetzen. Manche Menschen beginnen z.B. eine Therapie und räumen innerlich ganz viel auf und man sieht davon im Außen gar nichts – bis dann eventuell große Veränderungen folgen. Viele Menschen ändern z.B. nach einer Therapie einige grundlegende Dinge in ihrem Leben, da sie sich komplett neu sortiert haben. Wenn sich innerlich viel verändert, muss es äußerlich irgendwann nachziehen und umgekehrt. Wachstum zeigt sich also auf diesen beiden Ebenen und manchmal muss man die eine Ebene der anderen anpassen. 

 

 

So etwas passiert auch oft bei bzw. vor Trennungen. Trennungen sind in der Regel schleichende Prozesse und trotzdem geschieht es oft, dass einer der beiden Partner vollkommen überrascht wird von dem endgültigen Schlussstrich, den der andere vermeintlich plötzlich und unerwartet setzt. Meistens ist bei dem sich trennenden Partner bereits eine massive Entwicklung im Innen voraus gegangen, die dann im Außen irgendwann Gestalt annimmt. Wenn Veränderungen und Entwicklungen in einer Beziehung nun mal nicht gemeinsam erfolgen, folgt in der Regel am Ende eine Trennung und eine Veränderung.  


#ERST ANSCHAUEN

Gefühle klopfen nicht an die Tür und fragen, ob es gerade passt!

 

Generell gilt: man kann nur das loslassen, was man kennt. Man kann also nicht einfach sagen: So, ich lasse heute mal die Wut über meine Mutter los. Morgen dann die Wut über meinen Vater, Übermorgen mach ich den Ärger über meine Schwester, wenn dann noch Zeit ist, guck ich mal, ob ich nicht die Trauer über meine tote Katze noch mit loslasse.  Wär cool, wenn das so easy wäre. Also – eins nach dem anderen. Man muss sich bewusst machen, was man loslassen oder verändern möchte. Man muss sich mit der Sache mental auseinandersetzen. 

Was willst du loslassen? Überleg es dir und dann schau es dir genau an. Was ist da für ein Gefühl mit verknüpft? Was geschieht mit dir und in dir, wenn du dir diese Sache vorstellst? Wo spürst du das Gefühl? Wo schränkt es dich ein? Wann fühlst du es? Wo belastet es dich noch? Wo ist es dir „zu schwer“? Das muss dann ggf. erst mal einige Zeit sacken.

 


7 DAS PASSIERT BEIM LOSLASSEN ALTER GEFÜHLE

Everything is temporary: emotions, thoughts, people and scenery. Do not become attached - just flow with it. 

 

Loslassen ist in jedem Fall oft ein langwieriger Prozess, der vieles frei lässt. Dass du dir das, was du verabschieden möchtest, anschaust, ist ein elementarer Bestandteil des Loslassens. (Lies hierzu auch meinen Artikel zu Blockaden). Erst, wenn du dir alles aus den Koffern angeschaut, gefühlt und hochgeholt hast , kannst du es verabschieden und loslassen. Wenn man beginnt, Dinge, Gefühle, Erinnerungen, Ideen, Vorstellungen, Menschen, Tiere etc. real oder mental loszulassen, werden im Körper Energien frei gesetzt. Oft ist eine bestimmte Sache mit einer Körperstelle oder einem Gefühl verknüpft, daher löst dieser Vorgang auch immer etwas in einem aus. Beerdigungen lösen so z.B. Trauer aus, ein Neustart in einem anderen Ort oder Beruf kann hingegen Ängste, Neugierde, Unwohlsein oder Ähnliches auslösen. Wenn also eine körperliche Beschwerde, die du schon lange oder länger kennst, ein Thema, das du bearbeitest, begleitet, ist das vorerst kein Grund zur Sorge. Manches braucht einfach etwas Zeit und Raum, um sich erst zu zeigen und dann verabschieden zu können. Es ist nicht leicht, so was erst mal „da sein“ zu lassen, insbesondere, wenn es sich hierbei um seelische oder körperliche Schmerzen handelt. Ärztliche Betreuung ist da oft auch nicht das Schlechteste, aber ich empfehle ganzheitliche Ärzte, die nicht bei jedem Schrott sofort Schmerzmittel und Antibiotika verschreiben. Du brauchst jemanden mit Blick auch auf die Seele und manchmal ist es einfach wichtig, diese seelischen und körperlichen Schmerz (endlich) auch zu fühlen.

 

Es kann auch passieren, dass plötzlich einige körperliche Symptome verstärkt auftreten und du kannst vielleicht spüren, dass das Thema mit einer bestimmten Beschwerde verbunden war.  Es kann sein, dass du unruhig schläfst und du verrückt träumstIn jedem Fall, fängt es an, in dir zu arbeiten, wenn du einem Gefühl erlaubst, sich zu zeigen. Die gute Nachricht vorweg: sich seine schmerzhaften Gefühle anschauen ist wie alles andere im Leben reine Gewöhnungssache und kann trainiert werden. Fühl es, lass es sich zeigen und lass es da sein und es wird irgendwann auch wieder gehen.

Loslassen kann dich sehr fordern, an deine Grenzen bringen und dich sehr müde machen. Je länger ein Gefühl oder eine Sache bisher ein Schattendasein fristen musste, umso intensiver kann es jetzt hervor brechen. Aber hier gilt die Faustregel: Von Gefühlen stirbt man nicht und Gefühle sind immer bloß temporär. Nichts ist von Dauer. 

Je regelmäßiger du dir dafür die Zeit nimmst, dich mit deinen Gefühlen auseinander zu setzen, desto vertrauter wirst du mit ihnen und desto besser weißt du auf Dauer, mit ihnen umzugehen. Und irgendwann denkst du nur: „Hey, Angst, du kleiner Scheisser – da biste ja wieder!“ oder „Neid, Kumpel – lange nicht gesehen!“ Trotzdem ist es erstmal kein Kinderspiel. Das muss man aushalten können. Deine Gefühle – egal ob sie sich gut oder schlecht für dich anfühlen – sind ein Teil von dir. Und selbst Angst, Wut, Neid, Trauer und was es sonst noch für negativ bewertete Gefühle in unserer Gesellschaft gibt – sind lediglich schlecht in deiner BEWERTUNG. Wenn sie einfach da sein dürfen und du sie nicht als etwas Schlechtes bewertest, nimmst du ihnen die Macht über dich und du gewöhnst dich an sie – denn sie sind ein Teil des Lebens und werden dich ohnehin immer und immer wieder besuchen.

Wir lernen in der Regel keinen gesunden Umgang mit unseren negativen Gefühlen und so sind viele Menschen hiermit vollkommen überfordert und möchten einfach nur, dass alles ganz schnell weg geht und nutzen verschiedenste kurzfristige Betäubungsmethoden von sehr schädlichen wie Drogen, Alkohol, Selbstverletzungen oder Fressattacken bis hin zu etwas gesünderen wie Sex, Sport und sonstigen Formen der Ablenkung. Hier kommt es auch immer auf die Intensität an, aber Extreme sind nie gesund. Natürlich kann man Gefühle an vielen Stellen einigermaßen gesund kanalisieren, aber im Grunde kann man sich nicht dauerhaft von einem Gefühl, das sich zeigen will, ablenken. In den dunklen, leisen Stunden – z.B. nachts alleine im Bett – kommen sie zurück, denn sie wollen gesehen und gefühlt werden. Respektiere dich und deine Gefühle und schenke ihnen die Beachtung, die sie verdienen - das hat auch was mit Selbstrespekt zu tun! Pack sie nicht in irgendwelche Koffer, sondern lass sie sich zeigen, schau sie an und gewöhne dich an sie. 

 



8 WORAN MERKST DU, DASS DU LOSGELASSEN HAST?

A fresh new start isn't a new place - it's a new mindset!

 

 

Und das aller Verrückteste am Loslassen: manchmal ist das alte Gefühl so plötzlich verschwunden, dass du Schwierigkeiten hast, dich überhaupt daran zu erinnern, was du da eigentlich genau für ein Problem hattest. Das ist wirklich ganz absurd.

Und woran merkst du, dass du wirklich losgelassen hast? Glaube mir, das merkst du. Aber als Richtwert: wenn du etwas losgelassen hast, dann ist es emotional recht neutral für dich. Weder gut, noch schlecht, einfach so ein gesundes „Whatever“.  Deine Stimme als unsichtbare Visitenkarte ist hier übrigens wieder ein krasser Indikator: wenn sie in irgendeiner Form „ausschlägt“, wenn du über ein Thema redest (schrill, hoch, laut, schnell…) – dann ist da noch etwas übrig, worauf du reagierst. Beobachte das mal bei anderen – das ist wirklich krass!

Und da ja alles immer irgendwie zusammenhängt, kann es sein, dass du ein bestimmtes Thema loslässt und mit ihm eine bestimmte andere Thematik ebenfalls verschwindet oder abgeschwächt wird. Deine Höhenangst könnte z.B. eine verschobene Angst in Bezug auf Veränderung sein. Oder dein chronischer Husten ist einfach ein Symptom der großen unterdrückten Wut auf deine Eltern gewesen. Könnte alles sein!

 

Es gibt noch ein paar kleine Hacks, was man machen kann zum Loslassen. Wie ich schon mal in einem anderen Artikel erwähnt habe, funktioniert das z.B. mit dem Schreiben eines Briefes. Am besten funktioniert es in meiner Erfahrung mit einer vollkommen ungefilterten Version, die man dann verbrennt. Man kann sich z.B. auch einen „Loslass Stein“ suchen und ihn quasi mit dem, was man loslassen möchte, vollladen. Nimm ihn in die Hand und konzentriere dich dann auf das, was du an den Stein abgeben möchtest. Wenn er voll genug ist, dann wirf in weit weg oder zerschlage ihn mit einem Hammer. Du findest sicher auch noch mehr Möglichkeiten, Dinge loszulassen. Du kannst auch den Menschen, für die du Gepäckstücke nicht mehr weiter tragen möchtest, einen gefilterten, sachlichen Brief schreiben und ihnen ihr Päckchen zurückgeben. Einfach ist das alles nicht – aber du weißt ja: wäre es einfach, könnte es jeder ;-)


9 WANN LÄSST DU AM BESTEN LOS?

Let it die. Let there be a new beginning. It's awful. Good night. - Charles Bukowski.

 

Gute Frage. Wann man will bzw. wann man bereit ist, würde ich sagen. Vieles kannst du zwar nicht kontrollieren, denn das Leben nimmt ja leider meistens keinerlei Rücksicht, ob dir Dinge in deinen busy Terminkalender passen. Wäre super, wenn ich erst ab dem 12. Dezember NACH meinem wichtigen Termin krank werden würde. Und ein Auffahrunfall ginge so ab Mitte Januar wieder.  Und Verlieben passt mir in etwa ab März, wenn ich mich nicht mehr auf den neuen Job konzentrieren muss. Danke, Leben – echt!

Aber ob du bereit bist, Dinge loszulassen ist meistens tatsächlich ein bewusster Prozess, denn wir halten ja auch bewusst an Dingen fest. Also überleg dir – WILLST du loslassen? Wenn ja – warum nicht sofort? 

THE BEST TIME FOR NEW BEGINNINGS IS NOW!


Everyone comes with emotional baggage. Find someone who loves you enough to help you unpack. 


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Kommentare: 1
  • #1

    Sven (Freitag, 22 November 2019 18:23)

    Mega, Annika. Gefällt mir richtig gut!

Kommentare: 2
  • #2

    p6majo (Freitag, 10 Januar 2020 20:46)

    Hallo Annika,

    ich lese Deine Soulkanguruh-Sprünge sehr gern. Oft dreht es sich ja um das Thema Liebe. Deshalb würde ich an dieser Stelle gern eine provokante These in den Raum stellen. Ich bin kein Philosoph und habe auch keinen fundierten Hintergrund für meine These. Es sind einfach nur Gedanken und Du kannst den Kommentar jederzeit wieder entfernen (hoffe ich).

    Was ist Liebe?
    Kurz: Es gibt zwei Säulen der Liebe, alles darüber hinaus ist eine gesellschaftliche, moralische und romantische Überhöhung bzw. Glorifizierung.

    1. Säule: Die sexuelle Anziehung zwischen zwei Menschen, getriggert durch Schemata, biochemische Botenstoffe und eventuell Verhaltensmuster, die es uns ermöglichen sollen, einen möglichst geeigneten Paarungspartner zu finden.
    2. Säule: "kin selection" --- kurz: das durch Evolution selektierte Verhaltensmuster, sich um Kinder und nahe Verwandte bis hin zu Selbstaufgabe zu kümmern und zu sorgen.

    Beide Säulen sind bei den meisten Tierarten auf der Welt zu finden und meiner Meinung nach die Essenz von all dem, was wir als Liebe bezeichnen. Alles andere ist der Versuch, uns Menschen zu etwas Besonderem zu machen (was wir meiner Meinung nach aber nicht sind), oder aber ein moralischer Überbau oder netter formuliert, allgemein akzeptierte Wertvorstellungen, um unser Handeln in gesellschaftlich-konforme Bahnen zu lenken. Allerdings sind diese Wertvorstellungen nicht immer mit den Säulen 1. und 2. vereinbar, was die Ursache für das meiste "Liebesleid" auf dieser Welt sein könnte.

  • #1

    Teale (Sonntag, 22 September 2019 02:53)

    You're a legend Annika. Love your words and the pictures used.