DER LERNEFFEKT VON ZOMBIE APOKALYPSEN FÜR DIE CORONA KRISE


Picture by Dark Labs on unsplash.com
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ZOMBIES: EIN VOLLKOMMEN UNTERSCHÄTZTES GESPRÄCHSTHEMA!

It's a very very mad world. - Tears for Fears

 

In meinen Artikeln benutze ich gerne Serien- und Filmanalogien zur Veranschaulichung von menschlichen Verhaltensweisen und Herausforderungen. Passenderweise habe ich neben Disneyfilmen ebenfalls eine große Vorliebe für The Walking Dead und Zombiefilme aller Art. In meinen Augen sind sie eine große Lernquelle für die menschliche Natur, denn es ist einfach so, dass apokalyptische Verhältnisse kurzerhand alles entschleiern. In Ausnahmezuständen geht es ans Eingemachte, an die Substanz und in Extremsituationen lernt man Menschen erst so richtig kennen.  

Die Frage „Wie wärst du in einer Zombie Apokalypse?“ ist ein vollkommen unterschätztes Gesprächs- und Reflexionsthema. Die innere Auseinandersetzung mit der Thematik „Wie würde sich Kollege/in X in einer Zombie Apokalypse verhalten und wen könnte ich an meiner Seite gebrauchen?“ hat für mich schon so manch langweilige Lehrerkonferenz erträglicher gemacht und ich bin bereits zu einigen ausgesprochen interessanten Schlüssen gekommen. Auch auf Partys oder bei Dates hast du hier einen flotten Eisbrecher und nach dem Lesen dieses Artikels bist du definitiv gewappnet für eine aufregende Diskussion!

 

Jedenfalls drehten sich in den ersten Wochen der Corona Zeit meine Gedanken immer wieder um die Gemeinsamkeiten zu einer Zombie Apokalypse, denn irgendwie herrschte doch eine gewisse Weltuntergangsstimmung: die Straßen waren leer gefegt, die Städte verlassen, alle waren mit dem Ausnahmezustand überfordert. Wenn ich draußen unterwegs war, habe ich mich manchmal an I am Legend erinnert gefühlt, einen Zombiefilm mit Will Smith im verlassenen New York. 


WAS KÖNNEN WIR IN CORONA ZEITEN VON ZOMBIE APOKALYPSEN LERNEN?

 

Erster ungemein spannender Fun Fact und anscheinend kein Witz: Interessanterweise haben die USA zwar keinen Peil bezüglich der Vorgehensweise bei einer Pandemie, aber anscheinend in der Tat eine Anti-Zombie-Strategie und es gibt vom Verteidigungsministerium einen 31-seitigen Einsatzplan namens "Counter Zombie Dominance", kurz CONOP 8888. Wen die Einzelheiten interessieren: hier kann man das Dokument runterladen: https://www.stratcom.mil/Portals/8/Documents/FOIA/CONPLAN_8888-11.pdf?ver=2016-10-17-114016-887.

Wenn die Regierenden der Vereinigten Staaten vielleicht diesen bereits bestehenden Einsatzplan beachtet hätten, wäre das Land ggf. mit weniger Fatalitäten ausgekommen - denn mit der wichtigste Hinweis, um bei einer Zombie Invasion zu überleben: ganz schnell weg rennen. Experten machen aber insgesamt wenig Hoffnung: falls es jemals eine Zombie Apokalypse geben wird, sterben wir ohnehin alle!

 

Also: Zombie Apokalypsen sind ähnlich wie die Corona Pandemie vollkommen kompromisslos und brutal: Sie brechen plötzlich herein, in der Regel sterben sehr schnell viele Menschen, es herrschen anarchische Verhältnisse, es gibt keine wirklichen Regeln mehr und es regiert das Gesetz des Stärkeren und am besten Angepassten. Survival of the fittest. Es geht ums pure Überleben. So haben sich in der Corona Krise anfangs auch viele gefühlt und Klopapier und Desinfektionsmittel gekauft wie die Irren. Bei Zombie Apokalypsen gibt es nun relativ klare Verhaltensweisen, die dir helfen zu überleben oder die eben dazu führen, dass du es nicht tust. Wer also überlebt in einer Zombie Apokalypse und wer hat keine Chance? 


Picture by Chris Hall on unsplash.com
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PUNKT 1: ANPASSUNG AN DIE NEUE REALITÄT

 

Die Welt, wie du sie kennst, ist verändert. Zombies herrschen und fressen alle Menschen auf. Nichts geht mehr „wie bisher“. Wie schnell schaffst du es, diese neue Realität anzuerkennen? Glaubst du den Berichten aus dem Fernsehen, den Zeitungen oder im Radio? Glaubst du Experten oder Menschen, die hier bereits Erfahrungen gesammelt haben oder zweifelst du diese neue Realität an, weil du vielleicht noch nicht gesehen hast, wie ein Zombie einen anderen Menschen auffrisst?

Es geht in einer Zombie Apokalypse um das flexible und schnelle Anpassen an die neuen Verhältnisse. Wer es nicht schafft und nicht glaubt, dass das nun der „neue Normalzustand“ ist, der wird früher oder später bei der Konfrontation mit dieser neuen Realität ein Problem bekommen. Die veränderten Umstände abzutun als unwahr und mit fehlendem Gespür und Ernst anzugehen, hat fatale Folgen. Weil es in einer Zombie Apokalypse eben sehr kompromisslos ist, werden die unflexiblen Realitätsverdränger in der Regel sterben, weil sie gravierende und gefährliche Situationen verkennen. Und wer woran Schuld ist, wird irgendwann ohnehin vollkommen irrelevant.

 

In der Corona Krise hat sich schnell gezeigt, dass es grausam zugehen kann, wenn man Experten nicht vertraut. Island hat im Gegensatz zu z.B. den USA bereits im Februar - 1 ganzen Monat vor Deutschland - auf Expertenmeinungen vertraut und entsprechende Sicherheitsmaßnahmen durchgeführt. Das Land hat die Epidemie anscheinend bereits im Griff, die USA mit die höchsten Opferzahlen. Und Menschen, die die Maßnahmen nicht ernst genommen haben, haben das Virus munter weiter in der Gegend verteilt. Dass das ausgesprochen schnell geht und enorme Auswirkungen hat, konnte der infizierte Barkeeper aus Ischgl entsprechend demonstrieren. Und wenn jemand deswegen stirbt, ist die Schuldfrage irgendwie auch zweitrangig, weil der Tod nun mal unwiderruflich ist. Davon, dass man weiß, wem die Verantwortung zuzutragen ist, wird die betroffene Person nicht wieder lebendig. 

Fakt ist in jedem Fall: ob wir es mit Zombies oder einer Pandemie zu tun haben - beides stellt ein generelles Grundproblem dar, vor dessen Hintergrund sich alle Probleme noch weiter potenzieren. Alles, was uns an Herausforderungen begegnet wird schwieriger, weil die grundlegende Ausgangssituation schwierig ist. 


PUNKT 2: eingeschränkter lebensraum

 

Sowohl in Corona Zeiten als auch in Zombie Apokalypsen ist unser Lebensraum eingeschränkt und wir können uns nicht frei und gefahrlos außerhalb unserer Unterkunft bewegen - manchmal noch nicht mal INNERHALB unseres "Schutzraumes". Genau so wie in Zombie Apokalypsen Zombies sogar ihren Weg in Unterschlüpfe und vielleicht sogar durch Schutzmauern finden können, macht Covid-19 wenig Halt: das Virus findet seinen Weg in Familien, Pflegeheimzimmer oder Schulklassen und verbreitet sich vollkommen ungeniert - egal, wie viele Schutzmaßnahmen auch getroffen und Stoßlüftungen durchgeführt wurden. Außerhalb des vermeintlichen Schutzraumes sind Menschen ständig auf der Hut und fürchten sich nicht nur vor dem Virus oder den Zombies - sondern ebenso vor anderen Menschen, die jederzeit potenzielle Gefahrenherde darstellen. 

Die Gefahr ist so oder so allgegenwärtig und das Leben, wie es "vorher" stattgefunden hat, kommt zum Stillstand - viele alltägliche Dinge sind erstmal Vergangenheit. Auch wenn wir wir in der Corona Krise nicht - wie in einer Zombie Apokalypse - auf Vorzüge wie fließendes Wasser, ein dickes Steak mit Pommes, Süßigkeiten (wer erinnerst sich an Tallahassees Vorliebe für Twinkies in "Zombieland?) oder einen schönen Glühwein-to-go verzichten müssen, so gibt es hier verdammt viele Gemeinsamkeiten: keine Café- und Restaurantbesuche, kein Kulturprogramm, kein regulärer Schulunterricht, keine Reisen. Wobei - in Zombie Apokalypsen kann man durchaus reisen - ähnlich wie momentan mit sehr viel Vorsicht und vorzugsweise mit dem Auto, dem Rad oder zu Fuß.  


PUNKT 3: DIE INNERE RUHE

 

In extrem fordernden Situationen, die das Adrenalin hochschnellen lassen, sind strapazierfähige Nerven doch eigentlich immer das wichtigste. Sehr häufig haben das Bestehen einer Prüfung, der erste Eindruck beim Date, die souveräne Zeugenaussage oder eben die erfolgreiche Zombie Begegnung doch einfach nur mit der inneren Ruhe  zu tun. Wenn du es schaffst, in Momenten - egal wie herausfordernd sie sind – ganz zen und fokussiert zu bleiben, dann hast du sie auch im Griff. Wenn du durchdrehst und schreist wie blöd, wenn dir der erste Zombie über den Weg läufst, anstatt reflektiert und mit Verstand zu handeln, dann bist du sehr wahrscheinlich tot.

In Corona Zeiten konnte die innere Ruhe ein wertvoller Begleiter sein, denn auch hier wurde man mit vielen Herausforderungen konfrontiert und musste einiges verarbeiten. Also – tief ein und aus atmen und daran glauben, dass alles irgendwie gut wird, auch wenn man manchmal noch nicht genau weiß wie - hilft sowohl in schwierigen Corona Zeiten als auch in einer Zombie Apokalypse.


PUNKT 4 ES GIBT KEINE GERECHTIGKEIT

 

Zombies haben selber keine Gehirne. Sie sind dumm und werden gänzlich von niedersten Bedürfnissen gesteuert. Das trifft natürlich ebenfalls in der normalen Welt auf einige Mitmenschen zu. Zombies allerdings sind vollkommen vorurteilsfrei. Sie sind nicht rassistisch, sexistisch oder diskrimierend in irgendeiner Form. Es ist ihnen scheißegal, wen sie fressen. Es ist ihnen egal, welche Hautfarbe diese Person hat, ob jemand männlich, weiblich, Trans, erwachsen, ein Kind, behindert, krank, gesund, gerecht, gemein, erfolgreich, reich, arm, gütig, egoistisch oder gläubig ist. Zombies fragen vorher nicht nach dem Einkommen, der Religion oder, ob es okay wäre, dass man jetzt gefressen wird. Sie hinterfragen nicht, ob es fair ist oder man eine Familie hat. In einer solchen Welt zählt es, ob du schnell, gesund, clever, flexibel und nervenstark bist und ob du dich richtig schützen kannst. Zombies kennen keine Gesichter, nur den eigenen Hunger. Punkt. Vollkommen kompromisslos. Durch diese Kompromisslosigkeit überleben die Stärksten oder die, die sich am besten verschanzen, verteidigen und die meisten Waffen und Nahrungsmittel haben. Wenn man in seiner Zombie Survival Gruppe ebenfalls einen Arzt oder eine Ärztin hat, ist man noch besser abgesichert. 

Corona kennt wie Zombies auch keine Gesichter. Dem Virus ist es ebenfalls total gleichgültig, wen es krank macht. Wenn man dann auch noch in einem Land lebt, das medizinisch ohnehin auf einem ganz schlechten Stand ist, wird die Ungerechtigkeit von COVID-19 noch schlimmer fühlbar. Und auch, wenn Corona selbst nicht diskrimiert, so deckt das Virus viele Missstände auf, da z.B. in ärmeren Ländern, wo Menschen auf viel engerem Raum zusammen leben und arbeiten müssen und wesentlich schlechter geschützt sind als in den meisten westlichen Ländern, die Infektionsraten anders aussehen und wahrscheinlich auch gar nicht richtig dokumentiert werden können. Und in Corona Zeiten spielen Unterschiede eine wichtige Rolle: mehr Geld, mehr Ressourcen, Nahrung und eine bessere soziale und medizinische Versorgung schützen hier definitiv und Jobsicherheit gibt viel Halt. Und dass das alles enorm ungerecht verteilt ist, wissen wir ja! Auch die Rassenproblematik und Benachteiligung von Afroamerikanern in der Corona Zeit wird deutlich aufgezeigt. Und die freiheitsfanatischen Amis denken ja sogar, Waffen schützen vor COVID-19. 

Aber spätestens, wenn die Leichen in Sporthallen gestapelt werden, weiß man ohnehin nicht mehr, ob man in einer Zombie Apokalypse oder der „normalen“ Welt ist. 


Punkt 5: Die menschlichen Abgründe

 

In einer rohen, kompromisslosen Welt, in der es ums Überleben geht, begegnet man seinen dunklen Seiten. Genau diese Seiten braucht man, um in einer Zombieapokalypse irgendwelche Überlebenschancen zu haben. Wenn du zu empfindlich bist, um Zombies zu töten, dann bekommst du ein Problem. Und dadurch, dass eine rohe Welt eine hohe Belastung fordert, macht sie auch die Menschen, die in ihr (über)leben erbarmungsloser und brutal. Es geht letztenendes um die konsequente und reale Anpassung an die Lebensbedingungen. Überemotionale Gefühlsentscheidungen können schlimme Konsequenzen haben. Wer nicht bereit ist, für sich selbst und das, was man besitzt und diejenigen, die man liebt, zu kämpfen, hat ein Problem. Wer es nicht schafft, Zugang zu seinen inneren Instinkten und dem inneren Krieger, der notfalls Gewalt anwendet und sich auch mal in einer Blutbad stürzt, zu finden, wird wahrscheinlich auf jemand anderes treffen, der das aber kann und auch tut.

Es ist natürlich wichtig, die eigene Menschlichkeit nicht zu verlieren, aber es ist ebenfalls wichtig, sich jederzeit bewusst zu sein, dass Gerechtigkeit in einer Zombieapokalypse anders funktioniert. Die eigenen dunklen Seiten zu kennen und Zugang zu ihnen zu haben, um sie bei Bedarf zu aktivieren ist überlebenswichtig. Wie im realen Leben geht es hier darum, die eigenen Arschlochseiten zu kennen und zu umarmen und sie in die eigene Persönlichkeit zu integrieren. Man muss sich in einer respektlosen Welt Respekt verschaffen und ohne Skrupel Zombies töten und wenn nötig, auch Feinde und solche, die es werden könnten. Und vor allem Menschen, die alles verloren haben, haben nunmal nichts mehr zu verlieren und können sehr gefährlich werden. 

In Corona Zeiten geht es nicht ganz so tragisch zu. Es dreht sich allerdings um das radikale Abtöten aller Killerviren mit Desinfektionsmitteln und obsessivem Händewaschen und z.B. als Superspreader hat man durchaus das ein oder andere Menschenleben in der Hand. Insbesondere  konnte und kann man in dieser Ausnahmesituation an vielen Stellen sehen, wie verroht und gleichgültig einige Menschen sind und dass das Leben einfach nicht gerecht ist. Corona hat ebenfalls menschliche Abgründe zutage gebracht und enttarnt, wer rücksichtslos Klopapier bunkert, weil er nur an sich selber denkt. Wobei man für die Enttarnung menschlicher Abgründe  eigentlich kein Corona braucht. Es reicht dafür heutzutage schon, einem Idioten einen E-Roller zu geben, den er dann zielsicher maximal störend für alle anderen wieder abstellt.

Abgesehen von den Abgründen im Außen werden die ein oder anderen in der Isolation ebenfalls so manch innerem Dämonen bei sich oder den Mitisolierten begegnet sein. Fehlt die Ablenkung und kehrt Ruhe ein, können sich Abgründe (endlich) zeigen. Kennt man seine eigenen dunklen Seiten schon ganz gut, können sie einen nicht mehr wirklich aus der Fassung bringen. Mit etwas Leidensfähigkeit, Weitsicht und innerer Ruhe, konnte man wahrscheinlich auch diese Klippe ganz gut umschiffen. 


Punkt 6: Der eigene Leidensfilm

 

Menschen, die in ihrem eigenen Leidensfilm gefangen sind, sind auch im normalen Leben blockiert. In einem Alltag ohne Zombie Apokalypse ist es für sie auch nicht immer leicht, aber das Leben kann trotzdem funktionieren, weil unsere Gesellschaft durch mannigfaltige Ablenkungsmöglichkeiten viel auffängt. Wenn man keine besondere Leidensfähigkeit hat, sieht es in der Zombiewelt indessen schlecht aus. Wer es in der neuen Realität nicht schafft, sich aus diesem Jammer-Ego-Film zu befreien und auch mal die Zähne zusammen zu beißen, der wird nicht lange überleben. Wenn du bei der Flucht vor einer Zombieherde am Boden liegen bleibst, weil du dir den Fuß verknackst hast und heulst und sagst „Ich kann nicht weiter!“, dann wirst du gefressen. Tatsache.  Oder andere helfen dir vielleicht weiter und tragen dich, aber du jammerst weiter „Ich kann nicht mehr…heul!“ und vielleicht werden dann sogar alle wegen deiner Jammerei sterben.

In einer Folge bei The Walking Dead gibt es eine Szene, wo eine ganze Reihe Leute mit Eingeweiden eingerieben durch eine Herde Zombies gehen müssen. Es gibt in dem Moment keine andere Möglichkeit. Es ist unfassbar ekelhaft, aber die Eingeweide überdecken den Menschengeruch und es geht halt einfach ums Zähne-Zusammenbeißen und darum, diese Momente der Angst in Kauf zu nehmen, um zu überleben. Die Alternative ist schlicht und ergreifend der Tod. Vollkommen kompromisslos und grausam. Diejenigen, die bis zu diesem Zeitpunkt die neue Realität immer noch nicht anerkannt hat, sind wirklich zum Scheitern verurteilt. Was ist also passiert? Diejenigen, die mit stahlharten Nerven diese Herausforderung bezwingen konnten, haben es geschafft und die Heulsusen und Angsthasen nicht.

Jammerlappen haben es ohnehin schwer, aber insbesondere  in Zombie Apokalypsen. In Gruppen ziehen sie durch ihre negative Schimpferei und Jammerei oft die Motivation und Laune der restlichen Mitstreiter*Innen, die sich trotz der wideren Umstände zusammen reißen, runter und stehen ggf. dadurch auch auf der Abschussliste aller Anderen und nicht zuletzt der des zuschauenden Publikums. In Filmen oder Serien atmet man dann immer auf, wenn es diese wehleidigen Charaktere endlich erwischt. Neagan, der gewissenlose Bösewicht der letzten The Walking Dead Staffeln, haut nervenden Leuten recht schnell den Schädel mit seinem mit Maschendraht bespannten Baseballschläger ein.  

In Corona kriegt man seinen Schädel nicht eingeschlagen, aber konnte Anderen auch gehörig auf die Nerven gehen. Oder man hatte das Vergnügen, die eigenen Nerven von zeternden Quenglern strapaziert zu bekommen. In jedem Falle ging es auch vermehrt um die eigene Leidensfähigkeit.

Vielleicht haben sich schmerzhaften Gefühle und Erinnerungen in Ermangelung von Ablenkungsmöglichkeiten in der Isolation gezeigt. Es forderte Leidensfähigkeit, diese zu ertragen und mutig anzusehen. Wer das geschafft hat, anstatt die neuartige Situation und die fehlenden Annehmlichkeiten des normalen Alltags zu beklagen, konnte auch die große Chance in dieser Herausforderung sehen. Außerdem hat sich je nach Isolationsszenario (alleine, in einer WG, mit Parter*In oder der ganzen Familie) ebenfalls gezeigt, wer welchem Leidenstypen entspricht und wer wem wie sehr mit seinem Gejammer auf die Nerven geht. In jedem Fall gab es hier viele Indikatoren, wie gut du mit wem in einer Zombie Apokalypse klar kommen würdest;-)


Picture by Nathan Wright on unsplash.com
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Punkt 7: Isolation & Integration

 

In der Zombie Apokalypse erwischt es oft viele und man ist schnell isoliert – entweder alleine oder in einer Gruppe. Es stellt sich nun die Frage, wie du hier zurechtkommst. Kannst du überhaupt alleine sein? Weißt du, wie man alleine ist und alleine (über)lebt?  Kannst du z.B. alleine sinnvolle Entscheidungen treffen und gut für dich sorgen oder bist du überfordert und willst dich am liebsten aufgeben? Kannst du es mit dir selber aushalten oder findest du dich unerträglich ohne ständige Ablenkung?

Was ist in einer Gruppe? Wie integrierst du dich? Welche Rolle spielst du? Bist du entbehrlich oder ein elementarer Bestandteil? Können es die anderen mit dir aushalten oder nervst du so sehr, dass du schnell auf der „Abschussliste“ stehst? Wie führst du Gespräche? Kannst du Konflikte aushalten und konstruktiv austragen? Kannst du die Menschen um dich herum aushalten?

Und es findet ja ebenfalls wieder eine Rückbesinnung auf wenige Kontakte statt und man erkennt, wie gut es tun kann, Menschen um sich herum zu haben. Man sehnt sich vielleicht nach Gesellschaft und merkt, wie gut es ist, nicht alleine zu sein.  In einer Zombie Apokalypse hat man meistens keine große Auswahl, aber in Corona Zeiten hat man sich doch gut überlegt, mit welcher 2. Person man seine Zeit verbringen möchte. Und #stayhomestaysafe ist in einer Zombie Apokalypse unter Umständen wohl auch nicht der schlechteste Ratschlag.


Punkt 8: Weitsicht

 

Weitsicht ist in einer Zombieapokalypse essentiell, um das eigene Überleben zu sichern. Die Fähigkeiten, Geschehnisse und insbesondere eigene Handlungen und ihre möglichen Folgen im Gehirn miteinander zu verknüpfen, können den großen Unterschied machen. Es gibt durchaus Menschen, die trotz großer Dummheit überleben, aber dann muss zumindest eine Person im direkten Umfeld sein, die das weitsichtige Denken übernehmen kann.  Man muss sich jederzeit im Klaren sein, dass kurzfristige Entlastungen längerfristige Probleme schaffen können. Es mag in dem einen Moment für dich vielleicht praktischer sein, dem einen Zombie nicht hinterher zu rennen, um ihn umzubringen, aber genau dieser Zombie könnte vielleicht nachts in dein Lager kommen und dich fressen. Oder du schaffst es nicht, deinem Kumpel, der leider gerade ein Zombie geworden ist, das Messer in den Kopf zu rammen und weil du zu lange zögerst, beißt er dich und du wirst auch ein Zombie. Blöd. Mangelnde Weitsicht UND mangelnde Nervenstärke.

Dasselbe gilt für zu frühe Lockerungsmaßnahmen in Corona Zeiten oder dass man die Situation und den Virus unterschätzt. Nur, weil man selber keine Symptome hat, kann man auf der Gartenparty, die man schmeißt, weil die Isolation einfach zu anstrengend ist, ja trotzdem wieder das halbe Dorf inklusive Risikopatienten anstecken. Hier fehlt allerdings nicht nur die Weitsicht, sondern ebenfalls der gesunde Menschenverstand und eine Portion Verständnis. Solche Menschen sind in Zombie Apokalypsen Gott sei Dank in der Regel recht schnell tot. 


Punkt 9: Denken in Worst Case Szenarien

 

In einer Zombieapokalypse sind alle bisher bekannten Regeln und Gesetze außer Kraft gesetzt. Es gibt den Spruch „Gib einem Menschen eine Maske und er zeigt sein wahres Gesicht!“. Dasselbe gilt nun ebenfalls, auch ohne Maske. Wer The Purge kennt, der weiß, was mit Menschen passieren kann, wenn sie sich an nichts mehr halten müssen.

Dass es hier um menschliche Abgründe geht, haben wir schon etabliert, die Ausprägung ebendieser allerdings nicht. Wer sich nicht vorstellen kann, wie bodenlos manche dieser Abgründe sein können, der wird unter Umständen wegen seiner fehlenden Fantasie und zu ausgeprägten Naivität schnell bestraft. Wer denkt, dass alle sich so verhalten, wie man selber, der bekommt früher oder später ein Problem. Wenn du denkst „Das kann man doch nicht machen!“ gehst du von einer falschen Grundannahme aus. Denn die Antwort lautet eigentlich immer: „Doch, kann man!“ Mangelndes Vorstellungsvermögen diesbezüglich macht blind. Menschen sind skrupellos und die Abgründe menschlicher Grausamkeiten sind unvorstellbar. Aber auch das Gute im Menschen kann so sein. Wenn man also in einer Zombieapokalypse nur das Gute oder umgekehrt – nur das Schlechte in Menschen sieht, der ist blind für das, was ggf. dazwischen liegt oder eben anders ist. Hier sind wir wieder beim Thema Weitsicht: kann man alle Facetten der menschlichen Natur erkennen und scheut sich nicht davor, tiefste menschliche Abgründe in Betracht zu ziehen, wird man wahrscheinlich wesentlich länger leben – denn: es gibt nichts, das es nicht gibt. 

Das Denken in Worst Case Szenarien kann zwar recht unheimlich sein und es muss ja auch gar nicht so eintreffen, aber es eröffnet unheimlich viele Perspektiven, so dass man sich auf eventuelle Situationen bereits im Kopf gründlich und flexibel vorbereiten kann. Und wir wissen ja – Flexibilität ist eine Kernkompetenz fürs Überleben in einer Zombieapokalypse. Kombiniert mit einer gewissen Ruhe und Weitsicht, kann man hier – ohne seine Menschlichkeit zu verlieren, das eigene Überleben gewährleisten. 

Die Unterschätzung des schlimmstmöglichen Extremfalls macht oft fassungslos: Wer hätte jemals gedacht, in welchem Ausmaß Donald Trump die USA in Grund und Boden regiert? Und hätten all unsere Politiker einfach mit wesentlich mehr Weitsicht und weniger Konsumgier regiert, wäre Corona nicht in diesem Maße über die Welt herein gebrochen. Dass es in unserer heutigen Welt erschreckend und massiv an Weitsicht fehlt, sieht man nicht zuletzt an der katastrophalen Gleichgültigkeit gegenüber unserer Umwelt-, Friedens- und Bildungspolitik. Hier können wir eine fatale Kombination von mangelnder Vorausschau, fehlender Berücksichtigung von Expertenmeinungen und ungenügender Vorbereitung auf Worst Case Szenarien feststellen. Es lässt sich eventuell noch der Aspekt des fehlenden Gehirns bei vielen Politikern ergänzen und dass wir es hier ganz oft mit menschlichen Abgründen zu tun haben, steht ohnehin außer Frage. 


Picture by Glen Carrie on unsplash.com
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Punkt 10: Ego

 

Wer in einer Zombieapokalypse von den eigenen Problemen (z.B. Angst, Unvernunft, fehlende Anerkennung der Realität, Arroganz) gesteuert ist, wird nicht lange überleben. Der Fokus auf die eigenen Probleme verhindert Weitsicht und fördert die Jammerei. Beides ist ungünstig für das Überleben. Hier kann man allerdings zwischen zwei verschiedenen Egoantrieben unterscheiden. Das Ego beschreibt ja bekanntermaßen das eigene Selbstwertgefühl und das, was wir von uns selber halten. Ist man jetzt vollkommen auf sich selber fokussiert, jammert nur und kann nicht erkennen, was mit anderen Menschen im Umfeld geschieht, wird man schnell isoliert sein. Auch Menschen mit einem sehr geringen Selbstwertgefühl, werden über sich herauswachsen müssen, damit sie überleben können. Angst und Selbstzweifel sind tödlich in der Zombiewelt.

Hat man aber ein ausgesprochen großes Ego gepaart mit einem entsprechend selbstbewussten, selbstverliebten und eventuell größenwahnsinnigen Auftreten, dann kann man alle anderen, die davon beeindruckt sind, um sich scharen. Menschen sind dumm und unglaublich schnell geblendet. Die meisten Bösewichte in Zombiefilmen und auch in unserer realen Welt sind in der Regel narzisstische Egomanen, die so sehr von sich selber überzeugt sind, dass sie mit diesem Selbstbewusstsein viele psychologisch unversierte Menschen massiv beeindrucken und einschüchtern können. In einer brutalen, perspektivlosen Welt empfinden die meisten unglaubliche Angst und so haben Personen, die den Eindruck vermitteln, dass sie wissen, was sie tun, leichtes Spiel. In einer rücksichts- und gesetzlosen Zombiewelt können Bösewichte mit falschen Versprechen, Manipulationsstrategien und dem gemeinen Spiel mit der Angst grausam, gleichgültig gegenüber den Leben anderer und angetrieben von Gier und Machtgeilheit ihre Ego- und Verhaltensstörung ungeniert ausleben. Und auch in unserer Welt kann man damit sehr reich und erfolgreich und manchmal sogar Präsident werden. Insbesondere in Zeiten, in denen im Außen alles im Ausnahmezustand ist, sehnen sich viele nach Halt und schauen auf zu Menschen, die sich zumindest vorerst als kompetente „Haltgeber“ verkaufen können. Hier spielen natürlich auch die Vorgeschichte der Unterdrückung, der geistige Zustand und der Grat der Verzweiflung der „Follower“ eine Rolle.


Punkt 11: Bösewichte und das spiel mit der angst

 

 

Sind alle Regeln der bekannten Welt aus den Angeln gehoben, reagieren die meisten Menschen erst einmal mit Verzweiflung und Angst. Diese Angst machen sich Menschen, die selber mit anderen Wassern gewaschen sind, gerne zunutze. Hierbei spielt es eigentlich überhaupt keine Rolle, ob wir uns in einer Zombie- oder Coronawelt befinden. Angst ist ein machtvolles Instrument und wenn man sie zu nutzen weiß, kann man Menschen wie Schafherden steuern und kontrollieren. In einer Zombie Apokalypse ist Angst ohnehin ein ständiger Begleiter - aber in unserer heutigen Welt kann Angst über die Medien im Eiltempo geschürt, verbreitet und verstärkt werden. Mit durchgehender Panikmache schürt man Misstrauen und kann viele gefügig machen - oder zu vollkommenen Verschwörungstheoretikern anstiften. Es ist kein Wunder, dass Menschen sich vor lauter Angst die verschiedensten Ventile - und vor allem HALT suchen. ENTER die Bösewichte. In jeder guten Zombie Apokalypse gibt es einen ultimativen Endgegner und AntagonistINNEN - so auch ausreichend in der Corona Krise. Man muss sich dafür ja bloß deinige politischen Oberhäupter ansehen und welche bekloppten Fanatiker momentan unterwegs sind und wie viele ihnen folgen - ähnlich wie bei Negan, Alpha oder sonstigen Fieslingen bei The Walking Dead. Da können wir wirklich froh sein, dass wir NICHT in einer Zombie Apokalypse leben - sondern NOCH in einer Welt, in der es Regeln und Gesetzte gibt - auch, wenn wir diese besser gut im Auge behalten sollten - denn so ganz unberechtigt sind hier einige Zweifel nun wirklich nicht. Was wird wohl eine weltweite Impfung mit einem nicht ausreichend getesteten Impfstoff für langfristige Auswirkungen haben? Wir werden sehen - vielleicht leben wir in 10 Jahren dann doch in einer Zombie Apokalypse... 

 


DIE TRIBUTE VON PANEM & DER WICHTIGSTE LEBENSTIPP ZUM SCHLUSS

 

Du siehst also: eine Zombie Apokalypse und die Corona Krise sind sich gar nicht so unähnlich. Und ob wir nun Zombies oder COVID-19 bekämpfen, es geht einfach ans Eingemachte. Ich hoffe, dir konnten meine geteilten Einsichten ebenfalls neue Erkenntnisse bescheren und dir dabei helfen, dich auf etwaige Weltuntergangsszenarien ein bisschen besser vorzubereiten oder dir wenigstens ein paar gute gedankliche Anregungen für eine langweilige Konferenz, eine lange Bahnfahrt oder eine interessante Diskussion zu geben. 

Und der wahrscheinlich wichtigste Lebenstipp zum Schluss: Bevor du in Betracht ziehst, jemanden zu heiraten, beantworte dir diese Frage:

Wäre X meine erste Wahl für eine mehrmonatige Corona Isolation oder als Partner*In in einer Zombie Apokalypse? 

  

P.S.:  All diese Gedanken sind natürlich ebenfalls für die Tribute von Panem anwendbar. 


Picture by Jasmin Sessler on Unsplash.com
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WORK OUT! ZOMBIES GET THE SLOW ONES - THEY HATE FAST FOOD!


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Kommentare: 0
Kommentare: 2
  • #2

    p6majo (Freitag, 10 Januar 2020 20:46)

    Hallo Annika,

    ich lese Deine Soulkanguruh-Sprünge sehr gern. Oft dreht es sich ja um das Thema Liebe. Deshalb würde ich an dieser Stelle gern eine provokante These in den Raum stellen. Ich bin kein Philosoph und habe auch keinen fundierten Hintergrund für meine These. Es sind einfach nur Gedanken und Du kannst den Kommentar jederzeit wieder entfernen (hoffe ich).

    Was ist Liebe?
    Kurz: Es gibt zwei Säulen der Liebe, alles darüber hinaus ist eine gesellschaftliche, moralische und romantische Überhöhung bzw. Glorifizierung.

    1. Säule: Die sexuelle Anziehung zwischen zwei Menschen, getriggert durch Schemata, biochemische Botenstoffe und eventuell Verhaltensmuster, die es uns ermöglichen sollen, einen möglichst geeigneten Paarungspartner zu finden.
    2. Säule: "kin selection" --- kurz: das durch Evolution selektierte Verhaltensmuster, sich um Kinder und nahe Verwandte bis hin zu Selbstaufgabe zu kümmern und zu sorgen.

    Beide Säulen sind bei den meisten Tierarten auf der Welt zu finden und meiner Meinung nach die Essenz von all dem, was wir als Liebe bezeichnen. Alles andere ist der Versuch, uns Menschen zu etwas Besonderem zu machen (was wir meiner Meinung nach aber nicht sind), oder aber ein moralischer Überbau oder netter formuliert, allgemein akzeptierte Wertvorstellungen, um unser Handeln in gesellschaftlich-konforme Bahnen zu lenken. Allerdings sind diese Wertvorstellungen nicht immer mit den Säulen 1. und 2. vereinbar, was die Ursache für das meiste "Liebesleid" auf dieser Welt sein könnte.

  • #1

    Teale (Sonntag, 22 September 2019 02:53)

    You're a legend Annika. Love your words and the pictures used.